Sicheres Bremsenmanagement in der Anlagenautomatisierung ist ein komplexes und wichtiges Thema. Wenn es vernachlässigt wird, können Mensch und Maschine zu Schaden kommen!
Im Kontext schwerkraftbelasteter Achsen (auch Vertikalachsen) wird dies besonders deutlich: Durch mechanischen Verschleiß oder durch Verschmutzung der Bremsen mit Öl kann es zum ungewollten Absinken oder Absturz der Achse kommen. Wenn ein Versagen der Bremsen nicht ausgeschlossen werden kann und sich Personen im Gefahrenbereich aufhalten können, müssen Maßnahmen zur Risikominderung getroffen werden.
Wie sichere ich schwerkraftbelastete Achsen normgerecht?
Welche Maßnahmen zur Absicherung von schwerkraftbelasteten Achsen getroffen werden können oder sollten, geben diese beiden Publikationen vor:
DGUV Fachbereich-Informationsblatt Nr. 005 09/2012: Schwerkraftbelastete Achsen/Vertikalachsen
DIN EN ISO 16090-1:2019-12: Werkzeugmaschinen-Sicherheit – Bearbeitungszentren, Fräsmaschinen, Transfermaschinen; Anhang G: Schwerkraftbelastete Achsen
Welche Bremsvorrichtungen zur Absicherung schwerkraftbelasteter Achsen geeignet sind, geben die Publikationen in Abhängigkeit von der jeweiligen Gefährdungssituation an. Die DIN-Norm orientiert sich dabei an der DGUV-Publikation, stellt aber erhöhte Anforderungen an das Lösungskonzept. Beide Publikationen beschreiben Empfehlungen zum zyklischen Bremsentest. Die DIN-Norm setzt diesen grundsätzlich immer voraus. Falls sich eine Person vollständig oder teilweise unterhalb der Vertikalachse aufhalten kann, schlagen DIN und DGUV beispielsweise die Verwendung einer Haltebremse plus eines redundanten Bremssystems vor.
Alles aus einer Hand.
Für diesen Ansatz bietet STÖBER Antriebstechnik eine Lösung an, die gemeinsam mit der Firma Pilz entwickelt wurde: Der Antriebsregler SD6 mit Sicherheitsmodul SE6 bietet innovative, encoderunabhängige Sicherheitsfunktionalität und sicheres Bremsenmanagement für bis zu zwei Bremsen.
Die umfangreichen Sicherheitsfunktionen entsprechen den Anforderungen der EN 61800-5-2 und sind zertifiziert nach SIL 3, PL e (Kat. 4). Der Antriebsregler SD6 erfüllt die Vorgaben der DIN EN ISO 16090-1:2019-12 zum Absichern von schwerkraftbelasteten Achsen beispielsweise im Zusammenspiel mit zwei weiteren STÖBER Komponenten: Verbunden mit einem Motor mit Haltebremse und dem Motoradapter ServoStop mit integrierter Bremse bietet wir eine einfache und sichere Lösung für Maschinenplaner und Konstrukteure.
Für Maschinenbauer gehört die Sicherheitstechnik zu den komplexesten und wohl auch unbeliebtesten Themen in der Automatisierung. Um den normativen Anforderungen zur Sicherung von schwerkraftbelasteten Vertikalachsen in vollem Umfang gerecht zu werden, bietet STÖBER ein perfekt abgestimmtes Sicherheitspaket aus einer Hand! Mit der STÖBER 2-Bremsen-Lösung in Kombination mit einem intelligenten Bremsenmanagement wird die Projektierung von Maschinen mit Vertikalachsen zum Kinderspiel!
STÖBER Antriebstechnik hat gemeinsam mit der Pilz GmbH & Co. KG das Sicherheitsmodul SE6 für antriebsbasierte Sicherheitstechnik entwickelt. Damit lässt sich der vielseitige Stand-Alone-Antriebsregler SD6 von STÖBER optional ausstatten. Diesem stehen neben der grundlegenden Sicherheitsfunktion Safe Torque Off (STO) weitere Funktionen auf höchstem Sicherheitsniveau zur Verfügung. In Kombination mit einem Servogetriebemotor mit der integrierten Haltebremse „ServoStop“ erhalten Konstrukteure eine Systemlösung, die sämtliche Anforderungen der DIN EN 16090-1, Anhang G, 12/19 an schwerkraftbelastete Vertikalachsen erfüllt.
Vorsicht herabfallende Achse!
„Unser Konzept war, Konstrukteure und Maschinenplaner bei der Sicherheitstechnik noch umfassender zu unterstützen“, sagt Markus Frei, Product Manager Drive Controller Accessories bei STÖBER Antriebstechnik. „Sie stehen oft vor der Herausforderung, hochautomatisierte und flexible Fertigungsabläufe umzusetzen, bei denen gleichzeitig Menschen, Maschinen und Anlagen geschützt sein müssen.“
Betreten Mitarbeiter beispielsweise den Bearbeitungsraum einer Maschine, sind die Antriebsachsen in einen gefahrlosen Zustand zu versetzen. Hängen an den vertikalen Achsen schwere Lasten, können diese aufgrund der Schwerkraft herabfallen und damit das Personal gefährden. Um das zu verhindern, werden die Vertikalachsen in der Regel durch Bremsen gesichert. Verschmutzungen oder mechanischer Verschleiß können deren Wirkung allerdings stark beeinträchtigen. Deshalb gilt es, den Zustand der Bremsen sicher zu überwachen und ihre Funktionsfähigkeit zu erhalten.
Konstrukteure und Maschinenbauer setzen dafür bislang in der Regel auf Lösungen, die auf einer programmierbaren Sicherheitssteuerung basieren. Diese steuert über Schütze die Bremsen und überwacht während des Bremsentests den Stillstand. Dadurch entstehen spezielle Anforderungen an den Motorencoder und seine Montage. An der Motorwelle angebracht, erfasst er primär deren Lage und schickt die Ist-Werte an den Regler. Die Anbindung an die Sicherheitssteuerung erfolgt in der Regel über analoge 1-Vss-Signale. Nachteil: Sie erfordern spezielle Encoder, besondere Adapter, um die Analogsignale für die Stillstandserkennung herauszuführen sowie Kabel, die die analogen Signale auch über längere Strecken störungsfrei übertragen können. Dazu kommen Stillstands- und Drehzahlwächter – insgesamt ein kostenintensives Equipment. „Ein weiterer Punkt ist der aufwendige FMA-Anbau“, erläutert Frei. FMA steht für ‚Fehlerausschluss der mechanischen Ankopplung‘ und bedeutet: Der Encoder wird so an der Motorwelle angebaut, dass das ungewollte Lösen der Wellenverbindung ausgeschlossen werden kann. „Im Service-Fall kann das zu einem unerwarteten Problem werden“, weiß Frei. Die aufwendige Reparatur lässt sich nicht einfach von einem Mitarbeiter vor Ort ausführen. Die Reparatur ist sehr zeitintensiv und muss von einem Spezialisten durchgeführt werden. Bis alles verschraubt, verklebt, getrocknet, geprüft und dokumentiert ist, steht die Maschine für mindestens 48 Stunden still und kann in dieser Zeit nicht produzieren. Je nach Standort der Maschine kann dies aber auch deutlich länger dauern, wenn der Motor zur Reparatur versendet werden muss.
Ein weiterer Nachteil: „Die geeigneten Encoder passen nicht auf alle Motortypen und bieten nicht die Performance, die von einem leistungsfähigen Servosystem benötigt wird – das schränkt Maschinenbauer deutlich ein.“
Ein volles Paket Sicherheit
Die STÖBER diversitär redundante 2-Bremsen-Lösung, bestehend aus einer ServoStop-Federdruckbremse in Kombination mit der Permanentmagnetbremse eines Servomotors, erfüllt vollständig die normativen Anforderungen. Sicher wird das System allerdings erst durch den Antriebsregler SD6 mit dem Sicherheitsmodul SE6 und dem dort integrierten sicheren Bremsenmanagement.
Intelligent überwacht und garantiert absturzsicher
Für das Sicherheitsmodul SE6 konnte STÖBER gemeinsam mit Pilz für nahezu alle der identifizierten Schwachstellen bei den klassischen Realisierungen praktikable Lösungen erarbeiten und umsetzen. Zusätzlich zu den sicheren Stoppfunktionen Safe Stop 1 (SS1) und Safe Stop 2 (SS2) stehen mit dem Sicherheitsmodul SE6 weitere Sicherheitsfunktionen wie Safely-Limited Speed (SLS), Safe Brake Control (SBC), Safe Brake Test (SBT), Safe Direction (SDI) und Safely-Limited Increment (SLI) zur Verfügung.
Das Besondere an dem neuen Sicherheitsmodul ist jedoch das integrierte Bremsenmanagement. Die Funktion ‚Sichere Bremsenansteuerung‘ (SBC) stellt sicher, dass die Bremsen auf Anforderung einfallen. Dazu kommt das Feature ‚Safe Brake Test‘ (SBT). Dieses überprüft bei Bedarf das definierte Bremsmoment und deckt Abweichungen aufgrund von Verschmutzungen oder Defekten an der Mechanik auf, bevor das Bremsmoment einen kritischen Zustand erreicht. Zusätzlich wird das vorgeschriebene Prüfintervall überwacht. Das kann je nach Anwendung und Forderung aus der Gefahrenanalyse entweder einmal in jedem Produktionszyklus sein oder zum Beispiel alle acht Stunden zu Schichtbeginn. Ist das Haltemoment der Bremse nicht mehr gegeben, steht im Antriebsregler die Funktion ‚Bremsen einschleifen‘ zur Verfügung, welche die Anforderungen der Bremsen von STÖBER Motoren berücksichtigt. Anschließend kann das System erneut überprüfen, ob das geforderte Test-Moment gehalten werden kann.
Technische und wirtschaftliche Vorteile
Das Komplettpaket SD6 mit SE6 ist für Maschinenbauer technisch und wirtschaftlich sehr interessant, gerade in Kombination mit einem Servogetriebemotor mit ServoStop-Haltebremse.
Durch die Integration der Bremse zwischen Getriebe und Motor entfällt ein zusätzlicher Adapter. Das macht den Getriebemotor äußerst kompakt. Das modulare ServoStop-Design bietet vier Baugrößen mit jeweils bis zu vier Bremsmomenten für STÖBER Servo- und Winkelgetriebe.
ServoStop ist zudem an alle gängigen Synchron-Servomotoren anbaubar und auch für Roboteranwendungen auf der siebten oder achten Achse perfekt geeignet! Selbst wenn ein Roboter starke Kräfte auf ein Werkstück ausüben muss, bleibt er dank ServoStop sicher und fest auf seiner Position.
Auch beim Encoder hat der Konstrukteur freie Wahl. Koppelschütze, teure Kabel, Stillstands- und Drehzahlwächter entfallen. Zudem ist das Bremsenmanagement unabhängig vom Bremsentyp. Der Anwender kann somit ein sicheres Brems- und Haltesystem gemäß DIN EN ISO 13849-1 bis Kategorie 4 aufbauen – mit überschaubarem Aufwand.
„Weil die Überwachung des Motors durch die Sicherheitsfunktionen antriebsintern erfolgt, ermöglicht unser SD6 eine sehr schnelle Worst-Case-Fehlerreaktion von unter zehn Millisekunden“, beschreibt Frei. Das Sicherheitsmodul kann unmittelbar in die Achsbewegung eingreifen und im Fall einer Grenzwertüberschreitung oder bei einem Not-Halt den Antrieb stillsetzen. „Das funktioniert deutlich schneller als bei einem externen Drehzahlwächter“, erläutert Frei. „Bis dieser die benötigten Informationen erfasst, ausgewertet und über die Sicherheitssteuerung den Befehl zum Abschalten an den Regler weitergegeben hat, können in der Praxis schnell bis zu 100 Millisekunden vergehen. In der Welt der Antriebstechnik ist das eine Ewigkeit.“ Das Sicherheitsmodul ermöglicht ein schnelles Abschalten und erlaubt dem Konstrukteur dadurch geringe Sicherheitsabstände.
Schnell in Betrieb nehmen lässt sich die Lösung mit der Projektierungs- und Inbetriebnahme-Software DriveControlSuite. Die integrierte PASmotion-Software unterstützt den Bediener darüber hinaus, die Sicherheitskonfiguration unkompliziert und mit minimalem Aufwand zu erstellen.
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